Grundlage unseres Miteinanders ist der lebendige Austausch über unsere Ideale und unsere sozialen Realitäten, und der gemeinsame Versuch, kritisch, konstruktiv und wohlwollend miteinander umzugehen. Wir überprüfen sowohl unsere gemeinsame Praxis als auch die gemeinsamen Inhalte regelmäßig auf ihre Aktualität, Sinnhaftigkeit und Angemessenheit.
Von unseren Mitkommunard*innen wünschen wir uns Interesse, Initiative und Engagement – nicht nur in der alltäglichen Praxis in der Villa Locomuna, sondern auch in die gesellschaftlichen Verhältnisse hinein. Die Einmischungen dürfen und sollen bunt und vielfältig sein; wir wollen in dieser Gesellschaft nicht nur beobachtend am Rande stehen, sondern uns für zufriedenstellende Lebensverhältnisse im Kleinen wie im Großen einsetzen. Dies kann auf politischer, sozialer wie auch auf kultureller und spiritueller Ebene geschehen. Dafür schaffen wir uns Räume und eine gemeinsame Basis.
Mit unserer bewusst gewählten Lebensweise wollen wir andere Menschen ermutigen und sie darin unterstützen, ihre Situation zu verändern. Wir streben Lebensumstände an, die langfristig zu einem Mehr an Qualität, Freude und sozialer Sicherheit durch solidarisches Miteinander führen.
Wir wollen ein Gegengewicht bilden zu einem System, das Menschen voneinander isoliert und prekäre Verhältnisse individualisiert.
Das bedeutet:
- einen Raum frei von Dominanzverhalten und Diskriminierung zu schaffen, in dem alle mit ihren selbstbestimmten Identitäten einen Platz finden können
- sich innerhalb der Gemeinschaft in der persönlichen Entwicklung respektvoll zu unterstützen und dabei die kritische Auseinandersetzung als konstruktive Bereicherung wahrzunehmen
- die Bedingungen und Zwänge von Erwerbsarbeit gemeinsam zu reflektieren und offen für neue berufliche Perspektiven oder alternative Tätigkeiten zu sein – auf der Basis der gemeinsamen Ökonomie und damit verbundener Erfordernisse
- traditionelle Geschlechterkonzepte und eigene Beziehungen im Kontext der gesellschaftlichen Vorstellungen zu reflektieren
- ein Umfeld zu schaffen, in dem sich Kinder entsprechend ihrer Neigungen und Geschwindigkeiten entwickeln können und in dem sie Unterstützung darin bekommen, sich zu entfalten und sich dabei eigenständig neben ihren Eltern weitere Bezugspersonen innerhalb der Gruppe zu wählen
Wir begreifen das Zusammenleben in Gemeinschaft als Chance.
Das bedeutet für jede einzelne Person:
- sich den anderen gegenüber um eine grundsätzlich wohlwollende, zugewandte Haltung zu bemühen und von einer ebensolchen Haltung der anderen auszugehen
- bereit zu sein, sich in einer Haltung gegenseitigen Respekts über Themen aller Lebensbereiche auszutauschen und sich mit den verschiedenen Standpunkten auseinanderzusetzen
- bereit zu sein, Kritik zu formulieren, sie anzuhören und sie zu prüfen
- die anderen an eigenen inneren Entwicklungsprozessen und Alltäglichem teilhaben zu lassen
- den anderen Aufmerksamkeit für diese Prozesse zu schenken und sie darin zu begleiten sowie zu unterstützen
- aktiv für die eigene soziale Eingebundenheit in die Gemeinschaft Sorge zu tragen.
Uns ist bewusst, dass es uns im Einzelfall nicht immer gelingt, was wir zum Anlass nehmen, miteinander in Dialog zu treten.
Die Umsetzung unserer Utopie einer ökologisch nachhaltigen Lebensweise wollen wir stetig weiter ausbauen. Als Stadtkommune konzentrieren wir uns darauf, Netzwerke aufzubauen und bereits bestehende zu nutzen.
Damit meinen wir vor allem:
- einen verantwortungsbewussten Umgang mit Rohstoffen und Energie, zum Beispiel in den Bereichen Wohnen und Verkehr
- die Bevorzugung von Produkten aus ökologischem Landbau sowie regionaler Herstellung, fairem Handel und sozialverträglichen Produktionsbedingungen und
- Bezug unserer Lebensmittel aus der solidarischen Landwirtschaft sowie das Mitwirken an weiteren solidarökonomischen Bewegungen und Projekten, die sich nicht den Zwängen des Marktes unterwerfen
- eine kritische Reflexion des individuellen und des gemeinsamen Konsums
Wir halten es für notwendig, dass die hier lebenden Menschen für das Gemeinschaftsprojekt „Villa Locomuna“ Verantwortung übernehmen und sich für die gemeinsame Lebensqualität einsetzen.
Das beinhaltet:
- gemeinsame ökonomische Verantwortung und Vermögensverwaltung in der Genossenschaft „Gemeinsam Leben e.G.“
- Teilnahme an der Wirtschaftsgemeinschaft (gemeinsame Alltags-, Zeit- und Vermögensökonomie)
- verbindliche und aktive Teilnahme am Plenum
- Konsens als Prozess und Methode unserer gemeinsamen Entscheidungsfindung
- verbindliche und aktive Teilnahme am sozialen Austausch (Sozialplenum)
- verbindliche und aktive Teilnahme an Intensivzeiten
- Bereitschaft, für die sozialen Vorgänge Verantwortung zu übernehmen (Vorbereitung,
Leitungsaufgaben, Mediation, Moderation etc.) - Verantwortung für den Alltag (Kochen, Putzen, Instandhaltung und Verwaltung in Form von Patenschaften).
Wenn aufgrund der persönlichen Lebenssituation und individuellen Rahmenbedingungen Einzelne dies vorübergehend nicht können, bemühen wir uns um gemeinsam getragene Lösungen.
Wir streben an:
- uns in Kommunikationsfähigkeit und sozialer Kompetenz kontinuierlich fortzubilden (z.B. Gewaltfreie Kommunikation, Forum, Wir-Prozess, Soziokratie, Konsensieren … )
- uns weiterhin mit anderen Menschen und Gruppen auszutauschen und zu vernetzen, die sich für gemeinschaftliche Lebensformen einsetzen
- Gründung, Aufbau und Entwicklung ebensolcher neuen Gruppen zu unterstützen
Wir prüfen und diskutieren dieses Selbstverständnispapier und unsere Praxis in regelmäßigen Abständen und nehmen gegebenenfalls Veränderungen vor. Wir wissen: wir sind nicht perfekt und sehen unser Zusammenleben als Prozess. Verbindlichkeit, Vertrauen und eine offene Streitkultur sind uns wichtig.
Stand: Mai 2023